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15.08.2025
Medizinisches Fachpersonal verbringt sehr viel Zeit mit Dokumentation - KI kann dabei unterstützen
KI in der medizinischen Dokumentation: Chancen und neue Anforderungen
Die Innovations-Sandbox des Kantons Zürich zeigt, wie KI-Sprachmodelle (LLMs) und automatisierte Spracherkennung mittlerweile medizinische Dokumentationsprozesse revolutionieren – aber auch neue rechtliche und ethische Fragen mit sich bringen.
Effizienzsteigerungen durch KI
Spracherkennung und LLMs sind inzwischen in der Lage, Befunde und Berichte innerhalb weniger Minuten präzise zu transkribieren und zu strukturieren. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel kann dies medizinisches Personal entlasten, den administrativen Aufwand deutlich reduzieren und Fehlerquellen minimieren. So bleibt mehr Zeit für die direkte Patientenversorgung – die Versorgungsqualität kann steigen.
Qualität und Kontrollbedarf
Auch wenn KI die Prozesse erleichtert, bleibt der menschliche Faktor unverzichtbar. Ohne sorgfältige Validierung können Fehler oder sachliche Missverständnisse entstehen, die im schlimmsten Fall zu direkten Patientenschäden führen. Nach wie vor gilt: KI-generierte Inhalte dürfen nie unkritisch übernommen werden. Die Kontrolle durch qualifiziertes Fachpersonal ist essentiell.
Datenschutz, Berufsgeheimnis und Cloud-Nutzung
Bei jedem KI-Einsatz müssen strenge Anforderungen an Datenschutz und Geheimhaltung erfüllt werden. Besonders Gesundheitsdaten gelten als besonders schützenswerte Personendaten. Die Nutzung von Cloud-Diensten zum Speichern und Bearbeiten von Daten verlangt detaillierte Verträge und technische Schutzmaßnahmen – etwa End-to-End-Verschlüsselung oder die strikte Trennung von Zugriffsrechten. Die Rechtssicherheit sinkt, wenn Daten im Ausland oder bei US-Anbietern gespeichert werden. Das Berufsgeheimnis fordert, dass vertrauliche Informationen nur durch befugte Personen bearbeitet werden dürfen; im KI- und Cloud-Zeitalter braucht es hier neue organisatorische und technische Lösungen.
Regulatorik und Verantwortung
Immer häufiger ist unklar, ob neue KI-basierte Dokumentationslösungen als Hilfsmittel oder als Medizinprodukt gelten – mit weitreichenden Folgen für Konformität und Haftung. Bereits heute ist eine produkt- und kontextbezogene Abgrenzung zwingend notwendig, bevor KI-Systeme in den klinischen Betrieb übernommen werden dürfen. Die Einführung von Best-Practices wie modulbasierte Systemarchitekturen und Model Cards für Transparenz werden empfohlen[attached_file:empfehlungen aus der Innovations-Sandbox für KI
Frühe Prüfung, ob die KI-Lösung als Medizinprodukt einzustufen ist und in welche Risikoklasse sie fällt.
Vertragsbasierte Sicherstellung sämtlicher Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen beim Einsatz von Cloud-Diensten.
Konsistente technische und organisatorische Schutzmaßnahmen – insbesondere End-to-End-Verschlüsselung.
Sorgfältige Kontrolle, Validierung und klare Nachvollziehbarkeit von KI-generierten Inhalten durch medizinisches Fachpersonal.
Vermeidung von „Shadow Use“ nicht geprüfter Tools; Kontrolle und Klarheit im Umgang mit innovativen KI-Lösungen fördern Sicherheit und Compliance.
Regelmäßige Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen für das Personal, um den korrekten Einsatz und die Überprüfung von KI-Lösungen zu gewährleisten.
Zusammenarbeit mit spezialisierten Beratungsstellen zur frühzeitigen rechtlichen Einordnung sowie mit Behörden und Patientenorganisationen zur kontinuierlichen Evaluierung der Lösungen.
Praxisbox: m+p entwickelt zusammen mit sAIpient eine Applikation zur Automatisierung der Patientenadministration
Ziel war es, eine App und eine Webapplikation zu bauen, mit der Ärzte ihre Patientengespräche aufnehmen und transkribieren lassen können. Die Applikation analysiert mit Hilfe einer KI komplexe Patientenfälle, automatisiert Abrechnungsprozesse und ermöglicht das Diktieren und Einbeziehen von Notizen.
Die Applikation für alle Channels wurde gelauncht. Über 250 Ärzte verwenden isaac bereits in ihrer täglichen Arbeit. Mit verschiedenen Anbindungen an PIS (Praxis Informations Systeme) und weitere sind geplant.
Fazit
Veraltete Systeme in Krankenhäusern und Praxen sind ein echtes – oft unterschätztes – Risiko für die Patientensicherheit. Die Digitalisierung kann nur dann zu besseren Ergebnissen führen, wenn sie verantwortungsvoll, datenschutzkonform und technisch aktuell umgesetzt wird. Mit dem Einsatz von KI-Lösungen in der medizinischen Dokumentation ergeben sich Chancen zur Entlastung und Qualitätssteigerung, aber auch neue, komplexe Herausforderungen. Der Schutz der Patientinnen und Patienten muss dabei immer oberste Priorität behalten. Nur wer Technik, Recht und Ethik gemeinsam denkt, kann die Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen sicher und nachhaltig nutzen.